Die Show-Chance 1970
Das schrieb die Presse über das
Finale
SHOW UM EINE CHANCE
(Kronen-Zeitung, 16.09.1970 / Franz A. Prassl)
Am Samstagabend
ist es soweit: Der hoffnungsvolle österreichische Schlagernachwuchs, jene 15
Solisten und Gruppen, die sich als solcher legitimiert und klassifiziert haben,
tritt am Wochenende im Wiener Konzerthaus zum FFinale der "Show-Chance 70" an.
Diese Endveranstaltung des ORF-Nachwuchsstudios, das wie immer von Eva Maria
Kaiser voll Einsatz geleitet und von Peter Machac präsentiert wird, startet am
Samstag, dem 19. September, um 20.15 Uhr im Großen Konzerthaussaal. (Restkarten
für den freien Eintritt sind im Funkhaus in der Argentinierstraße erhältlich.)
Ö3 überträgt die "Show-Chance 70" ab 20.15 Uhr in Direktsendung, ebenso das
Fernsehen, allerdings im 2. Programm. Eine Aufzeichnung davon läuft am 28.
September um 22.15 Uhr im 1. Programm.
Es treten auf: Chris Eklund
(25 - tatsächlich 27), Marianne
Mendt (24), Eric (18), Barbara (21),
Wolfgang (21 - tatsächlich 20),
Heide (17 - tatsächlich 19),
Helga Yester (25 - tatsächlich 27),
Adi Degiorgio (24 - tatsächlich
27), Zifferblatt (20 -
tatsächlich 22) & Zeithammer
(21), ein Duo, sowie die Gruppen "One Family", "The
Dukes", "Messengers", "Hide & Seek",
"The Imagination" und die "Austrian Joints".
Bei einer gestrigen Pressekonferenz wurde auch die Jury bekanntgegeben. Es
werten die Herren Abi Ofarim, Andreas Heller, Jack Grunsky sowie Peter Lossak
und Walter Philip (beide Ö3-Disc-Jockeys).
Bei der gestrigen Pressekonferenz
war nicht ein Fernsehvertreter erschienen. Man wisse ohnehin noch nichts,
außerdem gebe es Krankheitsfälle, so heißt es. Die TV-Absenz ist aber geradezu
symbolisch für die skandalöse "Show", die das Fernsehen rund um diesen
ORF-Nachwuchswettbewerb aufführt.
Das Fernsehen hat weder die Sieger der
vergangenen "Show-Chance" laufend in großen Produktionen eingesetzt, noch gibt
es genaue Pläne, es diesmal zu tun. Man kündgite geräuschvoll eine
internationale "Show-Chance" an. Davon ist nichts mehr zu hören. Schließlich
musste nach einer Terminschlamperei die Samstag-Direktübertragung vom
attraktiven Ersten ins Zweite Fernsehprogramm "abgeschoben" werden. Wie wird das
weitergehen ...?
ORF-SCHLAGERNACHWUCHS IST
GESTELLT - ABI OFARIM AM SAMSTAG IN DER JURY (Kurier, 16.09.1970 / Herbert O.
Glattauer)
"Es waren einmal zwei Brüder. Der eine ging in die
Wüste, der andere wurde Sieger bei der Show-Chance. Von beiden hat man nie mehr
etwas gehört."
Diese leicht abgewandelte Geschichte soll für die Zukunft
nicht mehr Gültigkeit haben. Am kommenden Samstag findet im Wiener Konzerthaus
die gesamtösterreichische Endausscheidung der "Talente 70" statt, wobei die
besten Nachwuchsinterpreten - sofern sie das Glück hatten, vom ORF gesucht,
gefunden und gefördert worden zu sein - ermittelt werden.
Und das sind
die jungen Programm(be)streiter vom Samstag: Marianne Mendt,
Chris Eklund, Wolfgang, Eric,
Barbara, Heidi, Helga Yester,
Adi Degiorgio (das ist ein Vorarlberger), Zifferblatt &
Zeithammer (das sind keine Uhrmacher, sondern im Duett singende
Studenten aus Linz) sowie die Gruppen One Family, The
Dukes, Messengers, Hide & Seek,
The Imagination und die Austrian Joints (die
nichts mit heimlicher Tabakregie zu tun haben).
Dass sdie
ORF-Nachwuchsförderung auch schon beachtliche Erfolge zu verzeichnen hatte,
beweisen etwa Wolfgang mit "Ein Foto von Christina",
Marianne Mendt mit der "Glock'n, die 24 Stunden läut", oder die
Austro-Schwedin Chris Eklund mit "There can't always be
sunshine" und "It's not easy". Wenn der ORF auch nicht bei all diesen Erfolgen
die volle Verantwortung trägt, so war er doch zumindest stark mitbeteiligt.
Programmdirektor Dr. Alfred Hartner sagte bei einer Pressekonferenz am
Dienstag sehr richtig: "Wir bieten die Plattform für die jungen
Nachwuchskünstler. Ihr weiterer Weg kann jedoch nicht unser Aufgabenbereich
sein."
Auf jeden Fall will sich der ORF in Zukunft mehr und auch noch
nachträglich um jene Leute kümmern, die mit stolzgewölbter Siegerbrust nach
einem solchen Wettbewerb heimwärts ziehen. Immerhin singt Angela Deloni,
die Siegerin vom Vorjahr, derzeit in einem Wiener Nachtlokal, und das ist ja
auch nicht gerade das, was man sich beim ORF unter Nachwuchsförderung
vorstellte. (...) Die Jury, die zwar kaum über Aufstieg oder Untergang der
jungen Talente entscheidet, die aber immerhin wesentlich dazu beiträgt, ob dem
einen oder anderen am kommenden Samstag die Stimmung gründlich verdorben oder
illusionsvoll angehoben wird, besteht aus Abi Ofarim, Andre Heller, Jack
Grunsky, Walter Philipp und Peter Lossack.
Man könnte die etwas
inside-mäßig zusammengestellte Jury kritisieren. Oder die seltsamen Termine der
TV-Übertragungen. Oder die schon vorher abgeschlossenen Schallplattenverträge.
Aber wozu? Die Nachwuchsförderung ist eine gute Sache, jedoch bestimmt keine
hochdramatische Angelegenheit. Den jungen Leuten wird etwas geholfen, und der
Hörfunk, vor allem Eva Maria Kaiser und Kapellmeister Ernst Kugler scheinen sich
förmlich zu zersprageln. Lassen wir's gut sein und warten wir auf weitere
Erfolge. Der Anfang ist - nach einem Jahr ORF-Nachwuchsstudio -
vielversprechend. Warten wir auch ab, was das für eine Karriere viel wichtigere
Fernsehen dazu beiträgt. Das TV gehört ja auch zum ORF.