Atemlos vor Liebe (aka Flash-Teens im Blitzlicht)
D 1970 - Drama / Komödie / Krimi / zwischen 84 und 102 Minuten (je nach Schnittfassung!)
Kinostart: 17. Juli 1970 (Deutschland)


Regie & Drehbuch: Dietrich Krausser * 1920    
         
Besetzung:        
Birgit Uschi Moser      
Fritz Bata Paskaljevic * 1923, † 2004
Fritzi Solvi Stübing * 1941
Gisa Cora Sand  
Hans Hans Hass jr. * 1946, 2009
Inge Inge Marschall * 1943
Jutta Monika Zinnenberg * 1950
Karl Dieter Prochnow * 1939
Margot Karin Buchholz * 1945
Paul Hans Peter Hallwachs * 1938
Walter Götz Burger * 1947
 

Udo Rotenberg hat die Handlung so schön wiedergegeben (besser und treffender kriege ich das auch nicht hin), sodass ich sie an dieser Stelle in Auszügen hier einfügen möchte:

Handlung:

Paul (Hans Peter Hallwachs) dringt mit zwei Kumpels in eine Wohnung ein, um ein Club-Mitglied brutal zu bestrafen, dass eine feste Beziehung mit einer Frau eingegangen war, sie sogar geheiratet hatte, ohne ihn und die anderen Kameraden zu beteiligen, womit er gegen die Club-REgeln verstoßen hatte. Gemeinsam mit Jutta (Monika Zinnenberg), die ihr
Geld neben der Schule mit Prostitution und Aktfotografie verdient, überfällt er Liebespaare in deren Autos. Sie ziehen sie aus und machen Nacktfotos, um sie später zu erpressen.

Juttas Klassenkameradin Birgit (Uschi Moser) ist dagegen noch Jungfrau, wie sie einer anderen Abiturientin verrät, für die der Sex mit ihrem Freund schon alltäglich ist. Als Paul die Mädchen nach der Schule in ihren Keller-Club einlädt, gerät auch Birgit in seinen Einfluss, wird per Loseziehen zum Sex verdonnert und muss Aktfotos von sich machen lassen, um damit angeblich einen Unfallschaden abzuzahlen. Als sie den netten Hans (Hans Hass jr.) kennenlernt, der sich ernsthaft für sie interessiert, gerät sie zunehmend in Konflikt mit der Clique.

Hintergrund und Wirkung

Nachdem sich Dietrich Krausser, Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion, im Zug der Aufklärungsfilmwelle der "Technik der körperlichen Liebe" (1968) gewidmet hatte, wollte er es in seinem nachfolgenden Film offensichtlich krachen lassen. "Atmelos vor Liebe" klingt nach großen Emotionen, Haltlosigkeit und Kontrollverlust - und damit nach Konstrastprogramm zur pädagogischen Seriosität, mit der Ende der 60er-Jahre vielfach versucht wurde, der aufkommenden Sex-Welle zu begegnen. Auch der spätere Vermarktungstitel der VHS-Veröffentlichung "Flash-Teens im Blitzlicht" betonte den Sexploitation-Charakter eines Films, der kräftig auf der Nacktfilmwelle mitschwamm, dessen tatsächliche Intention aber mehr an die Moral-Filme der späten 50er-Jahre erinnert, als man glaubte, die zunehmenden soziokulturellen Veränderungen nach dem Krieg noch aufhalten zu können und der Jugend im Rahmen eines Unterhaltungsfilms den "rechten Weg" zeigen wollte.

In dieser Phase orientieren sich die Filme äußerlich an modernen Zeiterscheinungen wie Rock'n'Roll und Teenager-Liebe, um gleichzeitig mit erhobenem Zeigefinger davor zu warnen - eine Mischung aus kassentauglicher Attraktion und konservativen Moralvorstellungen. "Atemlos vor Liebe" war hingegen in einer Zeit angekommen, in der die Zielgruppe mit Tabuthemen wie "Sex vor der Ehe" nicht mehr erreicht werden konnte.

Entsprechend selbstverständlich wird das Thema Sex unter den jungen Frauen behandelt, aber mit den angehenden Abiturientinnen Jutta und Birgit stellt der Film zwei Antipoden in den Mittelpunkt, ohne einen Zweifel daran zu lassen, bei welcher es sich um das "gute" und das "böse" Mädchen handelt. Schon äußerlich trennen die agile, selbstbewusst auftretende blonde Jutta und die dunkelhaarige, den sanftmütigen Typ verkörpernde Birgit Welten.
Während Birgit noch an die große Liebe glaubt, zieht Jutta mit Paul um die Häuser, der das Klischee des Bürgerschrecks in Reinkultur verkörpert. Dank reicher Eltern auf keinen Broterwerb angewiesen und mit Sportwagen ausgestattet, terrorisiert er seine Umgebung, lässt ein "Club-Mitglied" auspeitschen, weil er es wagte, eine feste Beziehung mit einer Frau einzugehen (getreu dem Motto: "Wer zweimal mit derselben pennt...") und arbeitet mit zwei "Foto-Künstlern" zusammen, denen er durch Erpressung Nacktmodelle liefert. Immer unterstützt von Jutta, die selbst auch auf den Auslöser der Kamera drückt, nachdem sie Liebespaare in deren Autos überfallen und danach entkleidet hatten.

Zu Beginn erfüllte Krausser mit der Action um Paul und Jutta das Versprechen an einen Sexploitation-Reißer, auch wenn die polizeilichen Gegenmaßnahmen dilettantisch wirken und der Erzählstrang irgendwann sang- und klanglos fallen gelassen wird, denn zunehmend liegt der Schwerpunkt der Handlung auf Birgit und ihre angehende Beziehung mit dem hübschen und zuverlässigen Hans. Wieso sich die brave Birgit überhaupt länger im Umfeld Juttas aufhielt, prompt per Losentscheid von Paul entjungfert wird und ebenfalls beim Aktfotografen antreten muss, bleibt das Geheimnis des Films. Krausser ließ Birgit trotzdem weiter rein und unschuldig wirken.
Die Konsequenz nach dem Loseziehen erfährt der Betrachter nur nebenbei aus dem Mund des Mädchens und beim Foto-Shooting behält sie noch die Wäsche an. Erpresst wird sie später mit einer Fotomontage ihres Kopfes auf einem nackten Frauenkörper - eine Mühe, die sich die rücksichtslosen Jutta und Paul sonst nicht machen.

Natürlich ist auch Uschi Moser, erstmals im Erwin C. Dietrich Erotikfilm "Champagner für Zimmer 17" (1969) aufgetreten, häufig unbekleidet zu sehen, aber meist in Interaktion mit Hans, mit dem sie eine verantwortungsvolle, auf gegenseitige Rücksichtnahme aufgebaute Liebesbeziehung eingeht, die direkt in den Hafen der Ehe führt. Zwar haben sie schon vorher Sex, schließlich handelt man modern, aber erst nachdem Hans gelernt hatte, sich zurückzunehmen und die liebevollen Signale seines weiblichen Widerparts zu verstehen. Trotzdem erweist er sich als ganzer Kerl und wahrt die Ehre seiner Freundin per Manneskraft. Belohnt wird er dafür mit einer perfekten Hausfrau, die ihm in ihrer gepflegten, modisch ausgestatteten Wohnung das Frühstück kredenzt, um sich danach der Handarbeit zu widmen - willkommen in der heilen Welt der frühen 70er-Jahre.

Krausser gelang damit der fliegende Wechsel von "Sex & Crime" zum Aufklärungsfilm in der Tradition seines Vorgängerfilms, dem er noch "Junge Leute wollen lieben" folgen ließ, ebenfalls mit Uschi Moser in der Hauptrolle. Für beide schon fast das Ende ihrer jeweiligen Filmkarriere (1981 kam noch ihr gemeinsamer Film "Liebe 80" heraus), denn im Gegensatz zur zwar hübschen, aber steif agierenden Uschi Moser, konnten besonders Monika Zinnenberg und Hans Peter Hallwachs in ihren sinistren Rollen überzeugen. Für Hallwachs der Beginn eines bis heute anhaltenden Erfolgs als Schauspieler, während Monika Zinnenberg zehn Jahre später auf den Regie-Stuhl wechselte. Auch das Urteil der Zuschauer dürfte nicht anders ausgefallen sein, weshalb die pädagogische Wirkung des FIlms in der Stilisierung eines jungen modischen Paares, dass trotzdem nach den traditionellen Verhaltensmustern lebt, eher zu vernachlässigen war - in Erinnerung bleiben dagegen die "Flash-Teens im Blitzlicht".

Das Hamburger Abendblatt kritisiert einen Tag nach Kinostart folgendermaßen:
"Dieser neue deutsche Farbfilm ist ein Ärgernis. Seine verworrene und unausgegorene Story gibt sich aktuell.
Regisseur und Drehbuchautor Dietrich Krausser aber scheint in ihr nur einen Vorwand für Prügel-, Bett- und Badeszenen gesucht zu haben.
Ein junges Mädchen, Mitglied einer Gruppe brutaler Jugendlicher, findet in einem Jugendfreund, abseits vom grausam-haltsamen Tun der übrigen, den Partner fürs Leben.
Auch ein Erpressungsversuch der Gruppe kann die romantische Kitsch-Kulisse, die sich die beiden aufgebaut haben, nicht mehr zerstören.
Das Hohelied der Liebe in unserer Zeit also, aber miserabel gelungen! Die Dialoge triefen vor Trivialität, die Akteure, darunter so renomierte Schauspieler wie Hans-Peter Hallwachs und Günther Ungeheuer, sind zu bloßen "Typen" degardiert.
"Der Star aus der Retorte", so vom Verleih propagiert, Uschi Moser, in deren Karriere Regisseur Krausser, wiederum laut Verleih, 100.000 DM investiert hat, zeigt zwar viel, nur kein Talent. Eine angenehme Ausnahme: Hans Hass jr.!"


Dieser Kritik ist absolut nichts hinzuzufügen! Wer diesen Film einmal gesehen hat, weiß genau, um welch schlecht konstruierte und mäßig inszenierte Chose es sich dabei (leider) handelt. Das reißen selbst die zahlreichen Nacktszenen in keinster Weise raus ... im Gegensatz, alles zusammen ist nicht nur verwirrend, sondern auch relativ langweilig!

Uschi Moser, die im Film auch singend zu hören ist, veröffentlicht die beiden Songs aus diesem Film auch auf Schallplatte:

    1970 Sunny Honey / Love, je t'aime, l'Amour - Ariola, 14 533 AT

Naja ... gesanglich ... lässt sich darüber streiten - ist aber auf jeden Fall besser als der Film an sich! ;)



 
     
     
     



Quellen:
Besetzung: IMDB
Handlung, Hintergrund und Wirkung: Udo Rotenberg - http://udorotenberg.blogspot.co.at/2014/08/atemlos-vor-liebe-1970-dietrich-krausser.html (17. August 2014)