aus Villach/Kärnten

1943 in Maria Gail geboren

zweimal verheiratet, verwitwet, 1 Sohn († 1986)

bevorzugt Lieder im Chansoncharakter


Kurzer Steckbrief für die LP "Talente 70"
Stand: Sommer 1970

Lieblingsautoren:
moderne Lyrik
Lieblingssänger: Gilbert Bécaud
Lieblingsfarbe: weiß
Hobby: Auto fahren
Wünsche für die Zukunft: Happy Family

(Foto zeigt Helga Yester bei der Vorausscheidung in Klagenfurt)


  Die Zeit vor der Show-Chance  

Helga Yester (ein Künstlername) wurde in eine musikalische Familie geboren. Ihre Mutter war Tirolerin, der Vater Kärntner. Durch slowenische und italienische Verwandte tat sich die junge Helga auch mit anderen Sprachen relativ leicht.
1958 nimmt die damals 15-jährige Villacherin heimlich an einem Gesangswettbewerb teil und wurde zum Vorsingen ins ORF-Landesstudio eingeladen. 14 Tage später bekam sie die Zusage und fuhr - ohne ihren Eltern etwas zu verraten - zum Vorsingen nach Klagenfurt, wo sie sich gegen rund 100 Konkurrenten durchsetzen können. Ihre Interpretation von "Ganz Paris träumt von der Liebe" und die tiefe Stimme begeisterten Josef Huber sofort. Dennoch waren die Eltern (vor allem ihr Vater) anfangs nicht sehr begeistert von dem Weg, den ihre Tochter einschlagen wollte.
Ab 1958 erhielt die damals 15-jährige Villacherin eine umfassende dreijährige musikalische Ausbildung im ORF-Landesstudio Klagenfurt. Unter den Fittichen von Josef Huber sollte aus ihr eine zweite Margot Hielscher (seine Lieblingssängerin) werden. Parallel dazu erhält sie von Günther Mitergradnegger Sprechunterricht und Stimmbildung. Ein gewonnener Moderatorenwettbewerb sollte ihr ein zweites berufliches Standbein garantieren. Zum Einstudieren bekam sie anfangs Titel aus den 20er- und 30er-Jahren ("Frauen sind wie Rosen", "Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt"). Anderthalb Jahre wurde der Teenager nach der Schule (teilweise bis spät in die Nacht) ausgebildet, ehe sie das erste Mal auf die Bühne durfte. In dieser Zeit sang sie auch drei Jahre im Klagenfurter "Madrigalchor" und lernte den damals noch unbekannten Udo Jürgens kennen.
Stimmlich erreichte sie bis zu acht Oktaven, hörte dann allerdings auf, da sie nicht vorhatte Mezzosopranistin zu werden. Dank ihrer guten Ausbildung war sie stimmlich gefestigt und blieb auch permanent im Training.

Da ihr (typisch kärntnerische) bürgerliche Name kein Garant für eine internationale Karriere war, entschied man sich Helga einen Künstlernamen zu verpassen. Die Wahl fiel auf den Mädchennamen ihrer Großmutter mütterlicherseits. Sie war eine geborene Jester.

Die vielversprechende Teilnahme bei einem Gesangsfestival in Grado (um 1961), bei dem sie mit "Bei leiser Musik" den dritten Platz belegte, hätte ihr den Weg in das Musikgeschäft geebnet. Im Kreis zahlreicher berühmter italienischer SängerInnen konnte sich die damals noch unbekannte Helga Yester vortrefflich behaupten.
In dieser Zeit wurden auch mit Heinrich Riethmüller (1921-2006) Titel (u.a. von Günter Neumann) für den deutschen Markt (Radio Berlin) produziert, wie beispielsweise "Der starke Mann vom Rummelplatz" oder "Ich war noch jung und kam gleich in die Hölle", die recht erfolgreich liefen.

Doch ihr Verlobter (ein Mann aus Udine) wollte keine Sängerin als Frau. Nach der Hochzeit musste sie ihre Gesangskarriere an den Nagel hängen.
Die Ehe, aus der ein Sohn hervorging, hielt allerdings nicht lange. "Wir waren beide einfach zu jung. Sind aber heute noch Freunde!"

Nach der Scheidung widmete sie sich wieder der Musik und nahm wieder regelmäßig Angebote aus Kärnten (und auch Deutschland) an. Ihr zweiter Ehemann - ein Mailänder - ermutigte sie zum Weitermachen.

Aus Deutschland kamen laufend Angebote. Doch keiner wollte Helga Yester als Chansonsängerin verpflichten, sondern sie für Schlager "verheizen". Etwas wogegen sie sich stets massiv sträubte. 
Später kam es zu kleineren Aufträgen von Radio Paris und Berlin, wofür sie französische Chansons und Lieder aus den 30er-Jahren einsang.
Die Aufnahme zu "Ma Vie e moi" wurde siebenmal zurückgeschickt und Helga bekam Sprachtraining, bis kein Akzent mehr hörbar war. Erst danach wurde das Band akzeptiert und gesendet.

1966/67 wurden Helga Yester und die damals 14-jährigen Freya Weghofer (später Wippich) - die ebenfalls vom ORF Kärnten ausgebildet wurde - nach Jugoslawien eingeladen. Während Freya am 10. Dezember Österreich beim Festival "Musique aux Champs Elysées" in Agram vertrat, tritt Helga Yester im Januar 1967 in einer jugoslawisch-italienischen Fernsehcoproduktion für das Laibacher Fernsehen auf. Sie singt "Ich will mein Leben leben" und "Wiegenlied in Slow". In dieser Zeit entstehen auch Titel im Stil der 30er-Jahre für Radio Belgrad.
Um 1967 wurde Heinz Mihm (ein ehemaliger Privatdetektiv) auf sie aufmerksam und schließlich Helgas Manager. Er stammte aus guten finanziellen Verhältnissen und wollte Helga groß rausbringen. Die Verhandlungen und Vorkehrungen zogen sich ein wenig in die Länge - das Klagenfurter Team war wieder einmal dagegen (hatten selbst aber auch nicht gerade große Möglichkeiten, geschweige denn Titel für Helga parat) - und Mihm war äußerst um sie bemüht. "Die ist ja viel besser als die Knef!" Für ihn war sie das Maximum und die größte Chansonsängerin nach dem zweiten Weltkrieg.
Für sie organisiert er Fernsehauftritte (beispielsweise am 19. Oktober 1967 in der ZDF-Sendung "Lasst Blumen sprechen" aus Stuttgart vom Europacup der Blumenbinder um die "Goldene Rose 67" oder "Unsere kleine Show" am 12. Mai 1969). Zudem komponiert und produziert er mit ihr um 1967 die Single "Weil ich einsam bin" auf seinem eigenen Label "GM Produktion". Der Medienrummel und die Autogrammjäger waren ihr stets ein Greul. Beim Fernsehauftritt in Stuttgart versuchte sie über den Hinterausgang zu flüchten und wurde von einer
Menschenmasse fast überrannt. Sie war scheu und fühlte sich teilweise vom Publikum eingeengt. Auch hatte sie ein Problem damit, wenn ihr fremde Menschen zu nah kamen. "Daran hätte ich mich sicherlich niemals gewöhnt!" Am liebsten stand sie vor dem Mikrofon im Studio und sang studenlang einen Titel nach dem anderen ein.
 

Gerhard Bronner wurde sie auf sie aufmerksam und wollte sie für seine legendäre "Fledermaus" als Sängerin engagieren. Ihre Klagenfurter "Förderer" rieten ihr davon ab - was dann auch gut war.
Ebenso bekam sie 1969 das Angebot bei der deutschen Version des Musicals "Hair" mitzuwirken, auch davon wurde ihr abgeraten. Dies tut ihr heute leid.
Eine vielversprechende Russland-Tournee schlug sie aus, weil sie keine Gage bekommen sollte, sondern das Geld dort ausgeben hätte müssen.

Vom 10. bis 12. Juli 1970 vertrat sie Österreich bei der 3. Song Olympiad in Athen (Griechenland) mit dem Titel "Play Boy".
(Weitere Teilnehmer waren Adamo, Al Bano & Romina Power und Ben Cramer)
Auf Platz 1 landet Ljupka Dimitrovska mit "Adio" für Jugoslawien, auf Platz 2 landete Antonio Andolfo aus Rio de Janeiro.

 

  Die Show-Chance  

Die Show-Chance war ihr dritter Karriere-Anlauf.


Im Rahmen der "Show-Chance 1970" sang Helga Yester folgende Titel:

   "Ein Atelier im fünften Stock"  (M & T: Georg Danzer) - 9. Platz im Finale
   
"Warum bist du wieder gekommen?" (M: Ernst Kugler / T: Paul Robert) - 1. Platz in Klagenfurt-Vorentscheidung

 

"Ein Atelier im fünften Stock" im Show-Chance-Finale

Jury Grunsky Lossack Ofarim Philipp Heller gesamt
Wertung Musik 3 3 4 5 4 19
Wertung Show 3 4 3 4 4 18
gesamt           37

 

   


  Die Zeit nach der Show-Chance  

Nach dem - nicht so ganz erfreulichen und auch nicht gerechtfertigten - neunten Platz wurde es musikalisch ruhiger um sie.
Die Plattenfirma Ariola bemühte sich sehr um sie, doch Helga weigerte sich nach wie vor seichte Schlagerchen zu trällern.
Sie lebte ohnebin bereits seit längerer Zeit mit ihrem zweiten Ehemann und Sohn in Mailand und Rom - rückblickend die schönste Zeit ihres Lebens!
Dennoch litt sie immer wieder darunter, dass sie aufgehört hat. Sie sehnte sich nach einer neuen Chance...

1986
Bei ihrem vierten Comeback-Versuch mit "Bis zu diesem Tag" sollte ihr Fortuna nun endlich hold sein.
Die Titel wurden rasch im Grazer Tonstundio aufgenommen, obwohl sie mehrere Jahre keinen einzigen Ton mehr gesungen hatte.
Die Demos bekamen gute Kritiken in österreichischen und deutschen Rundfunkstationen. Endlich sollte es mit dem musikalischen Erfolg klappen.

Doch dann starb ihr fast erwachsener Sohn - völlig überraschend. Von diesem Schicksalsschlag wie gelähmt, ließ sie sofort die ganze Maschinerie stoppen und zog die Produktion zurück. Sie konnte nicht mehr singen. Nachdem auch ihr Ehemann im selben Jahr starb, verließ sie Europa und ging für neun Jahre nach Florida.
Dort wollte sie alles hinter sich lassen und vergessen. Ursprünglich hatte sie auch vor nie wieder zurückzukehren. Doch die europäische Menschlichkeit und Herzlichkeit (für ihre italienische Seele) fehlte ihr immer mehr. Als sich auch das Angebot als Fotomodell zu arbeiten zerschlug, kehrte sie Amerika den Rücken zu und kehrte nach Europa zurück.

Rückblickend sagt sie, dass sie am liebsten Chanson gesungen hat. Allerdings war ein Berufsleben als Chansonsängerin in Österreich kaum möglich. Der Markt war zu klein und die Konkurrenz zu hart. Vor allem die beginnende Karriere von Erika Pluhar (damals noch Partnerin von André Heller) als Chansonsängerin erschwerte Helga Yesters Wirken und Schaffen.
Joe Zawinul riet ihr nach der Show-Chance: "Wenn du Erfolg haben willst, dann musst du weg aus Österreich!".
André Heller hingegen machte ihr wenig Hoffnung und teilte ihr mit, dass der von ihr angestrebte Weg "steinig und dornenreich" bleiben würde, wenn sie es in Österreich versuchen will.

Vom österreichischen Rundfunk - speziell vom ORF Kärnten - ist sie enttäuscht.
Längst vergessen war dort das musikalische Erbe von Helga Yester, der jungen Sängerin, die vor über 50 Jahren im eigenen Studio gefordert und gefördert wurde.
Helga Yester wurde als große "Entdeckung" mit maßgeschneiderten Titeln gefeiert, aufgebaut und ins Ausland geschickt. Bis heute liegen dort in verstaubten Archiven die Aufnahmen der Kärntnerin mit der rauchigen Stimme. Gespielt wurden sie - wenn überhaupt - (mindestens) 30 Jahre nicht mehr ...
 

Auch war die "Show-Chance" für sie persönlich keine wirkliche Chance, da sich in Österreich kaum um die Interpreten gekümmert wurde. Zudem gab es im Vorfeld Gerüchte, dass das Finale 1970 fingiert war. Im Vorfeld wurde das Publikum befragt und Helga Yester belegte einen der vordersten Plätze.
Wenn man sich Helga Yesters Auftritt beim Show-Chance-Finale im September ansieht - perfekt intoniert und präsentiert (kein Wunder, dass sie die Vorausscheidung in Klagenfurt überlegen gewann) - überrascht dann der neunte Platz (von 15)!

"Ich habe alles perfekt gemacht, es ging nicht besser. Aber ich sollte wohl verlieren! Heute weiß ich, dass ich nie über den deutschsprachigen Raum hinausgekommen wäre. Wenn ich mir aber ansehe, was aus vielen heimischen Talenten gemacht wurde, bin ich froh, dass ich damals Österreich und das Musik-Business verlassen habe.", sagt sie mir an einem warmen Augusttag 2013.
Sie war eine Sängerin mit Talent, Ecken und Kanten sowie Prinzipien. "Ich wollte nicht verheizt werden. Der Text war für mich immer am wichtigsten!"
Das Dasein als Schlagersternchen wäre für sie niemals eine Option gewesen. Der Traum von einer internationalen Karriere erfüllte sich nicht, weil es ihr nicht wirklich ermöglicht wurde, den deutschsprachigen Raum zu verlassen.

Heute lebt sie nach wie vor in Villach und Italien.


Discographie:

Rundfunkaufnahmen

1958-1986
ORF Kärnten

unter Leitung von Josef Huber

unter Leitung von Heinrich Riethmüller *

Alle Straßen dieser Erde
(M: Harry Düsterdieck / T: Horst Christ ?)

Bei leiser Musik (ca. 1962)
(M: Carlo Torresani / dt. T: Josef Huber)

Das kleine Fräulein im Büro

Der Mustergatte
(M & T: Günter Neumann)

Der starke Mann * (ca. 1961)
(M & T: Günter Neumann)

Die letzte Nacht im Hafen * (ca. 1961)
(M: Heinrich Riethmüller)

Dreimal täglich einen Kuss
Du bist der Mann von Welt

Ein Atelier im fünften Stock (1970)
(M & T: Georg Danzer)

Hasch' mich (ca. 1960)
(M: Josef Huber / T: Walter Hüttner)

Ich möchte so gerne treu sein

Ich war noch jung * (ca. 1961)
(M: Heinrich Riehtmüller / T: Günter Neumann)

Ich will mein Leben leben (ca. 1966)
(M: Willy Fantel / T: Charles Berndt)

Le Vent de la Mer
[BEI LEISER MUSIK]
(M: Carlo Torresani)

Love is Life
[LIEBE IST LEBEN]
(M: Josef Huber)

Lüg' mir nichts vor
(M: Hans Salomon / T: Georg Danzer)

Ma Vie a moi
[ICH WILL MEIN LEBEN LEBEN]
(M: Willy Fantel)

Pips und Paps

Play Boy (Olympiad of Song Athen 1970)

Quant il pleut dans mon Coeur
[WIEGENLIED IN SLOW]
(M: Josef Huber)
'
Was hab' ich von der Treue?
(M: Heinrich Riethmüller?)

Wenn dein Herz für ihn schlägt
[WHAT I FEEL]
(M: Willy Fantel / dt. T: Karin Bogar)

Wenn du nur da bist
(M: Josef Huber / T: Heinz Bassler)

Wiegenlied in Slow (ca. 1966)
(M & T: Josef Huber)
 
HELGA YESTER & THE FANS

1967 / GM Produktion
1003
Weil ich einsam bin
(M: Gerd Mihm & Otto Tkatz / T: Gerd Mihm)

Ich liebe dich Francois
(M: Gerd Mihm & Otto Tkatz / T: Gerd Mihm)
1970 / WM
LP "Talente 70"
Warum bist du wieder gekommen?
(M: Ernst Kugler / T: Paul Robert
)
1986 / Red Button
08-1740

produziert von Adolf Brandmayer & Josef Huber

Bis zu diesem Tag
(M: Adolf Brandmayer & Reinhold Glembotzki / T: Horst Christ)

Liebe ist Leben
(M: Josef Huber / T: Mario Toluay)


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