ANIKO BENKÖ (dingi, Oktober 1971)

ANIKO ÜBER DEN COUPE D'EUROPE IN BELGRAD

An einem Schlagerfestival in Belgrad, über das wir euch schon einmal berichteten, nahmen Sängerinnen und Sänger aus zwölf Ländern teil, von jedem drei Vertreter.
Unsere waren Elfi Graf, die Show-Chance-Siegerin 1971; unsere Aniko Benkö, die Show-Chance-Dritte und „Waterloo & Robinson“, ebenfalls Dritte bei der Show-Chance,
also junge Nachwuchskräfte.
Aber es war kein Bewerb für die Jugend, weder in Bezug auf Lieder noch auf die Interpreten vieler Teilnehmerländer.
Die Sänger mit ihrer Musik waren nicht für ein junges, modernes Publikum bestimmt, was man bei einem Schlagerfestival doch erwarten sollte.
Mit deutlichem Abstand holte sich ein Spanier den Sieg, Platz zwei belegte Jugoslawien, den dritten Bulgarien. Österreich landete auf Platz zehn, bei zwölf teilnehmenden Ländern. Letzter wurde die Bundesrepublik nach Ungarn. Man kann also feststellen, dass sich unsere Anfänger in dieser Konkurrenz von Halb- und Ganzprofis gut geschlagen haben.
Sie waren alle gut, besser als erwartet. Aniko, die am ersten Tag trotz starker Stimme ein richtiges Nervenbündel war, übertraf sich selbst am nächsten Tag,
und auch die beiden Linzer „Waterloo & Robinson“ gaben alles, was sie konnten.

Unsere Aniko Benkö war so lieb, über das Festival einen Bericht zu schreiben, den wir euch nicht vorenthalten wollen.

Liebe Redaktion!
Der Aufenthalt in Belgrad war ein schöner Urlaub, trotzdem konnten wir nicht tun und lassen, was wir wollten. Der Tag begann mit pünktlichem Erscheinen beim Frühstück. Anschließend hörten wir uns die Proben der Konkurrenten an, die sich bis in die späten Mittagsstunden hinauszogen. Nach den Proben ging es zum Mittagstisch.
Dann hielten wir ein Schläfchen, laut Anordnung von unserer „Mutter“, Frau Evamaria Kaiser. Nachher durften wir schwimmen, turnen oder persönliche Korrespondenz erledigen. Später probten wir mit Herrn Kugler, gingen wieder zu Tisch. Die Mahlzeiten waren so ausgiebig und viel, dass ich zwei Kilo zunahm.

Jeden Abend hörten wir uns die Konkurrenten an. Wir konnten sehr viel lernen, weil ja wirklich Vollprofis teilnahmen. Der Altersunterschied schwankte zwischen 18 und 36 Jahren. Sie werden sich vorstellen können, welche Routine diese Sänger ausstrahlten!

Die Stimmen der Vertreter der östlichen Nachbarn klangen und waren auch erstklassig, doch wenn man die einzelnen Interpreten miteinander verglich, so wurde einem klar,
dass eine Stimme wie die andere klang.
Nada Knezewic beispielsweise sang traumhaft, verkaufte sich wunderbar. Doch sie imitierte eindeutig, was ihr auch wirklich gelang, Ella Fitzgerald.
Man würde niemals die Platte von Nada kaufen, wo doch Ella viel bekannter ist. Weiter nahmen Interpreten teil, die für die Oper ausgebildete Stimmen hatten.
Teilweise hätte man sagen können, dass das ein Opernfestival und kein Schlagerfestival war.
Um ein Beispiel anzuführen: Ein ungarischer Interpret sang „Dein ist mein ganzes Herz“. Außerdem ist unbedingt zu erwähnen, dass alle, mit Ausnahme von uns,
bereits Erfolgsschlager von berühmten Sängern vortrugen.
Wenn ich einen guten Schlager mit jedem Schluchzer, Weinkrampf und allem Drum und Dran einstudierte, dann hätte ich auch einen besseren Platz belegen können.
Denn das ist ja das schwierigste, wenn man aus eigener Kraft einen Schlager singen soll, dass das Publikum zu toben anfängt.
Die Teilnehmer, damit meine ich die Spanier, Jugoslawen, Bulgaren und die Tschechen, waren im Gegensatz zu unserem Team wie Udo Jürgens zu mir!
Einzelne konnten 10- bis 15jährige Routine aufweisen.

Nach dem ersten Durchgang lagen wir an sechster Stelle. Doch nach dem zweiten Durchgang fielen wir auf den neunten Rang zurück.
Die Punkteunterschiede waren aber zwischen den einzelnen Rängen sehr gering. Zum Beispiel: Frankreich lag nach dem zweiten Durchgang auf Platz sechs und hatte 257 Punkte,
die Schweiz erntete 256, Polen 255 und wir 253 Punkte. Also für Sänger mit einigen Jahren Praxis kein sehr rühmlicher Erfolg!
Ich wage es zu sagen, dass wir gut waren, auch wenn unser Platz weit zurück liegt. Wenn man die Punkte der vorderen Plätze vergleicht, dann kann man und wird man verstehen,
wenn Frau Kaiser und Herr Kugler sagten, dass sie sehr zufrieden waren.
Ein Beweis dafür, dass wir gut waren, ist, dass auf Grund unserer Leistung das belgische Team uns Österreicher für das Festival in Belgien im August des nächsten Jahres, aber nur dasselbe Team, verpflichtete. Wir vertreten dort den deutschsprachigen Raum. Es hätten doch genauso die Deutschen sein können!
Übrigens landeten die Deutschen auf dem letzten Platz. Im Vergleich zu den Deutschen hatten wir einen Vorsprung von 27 Punkten.
Sie dürfen eines nicht vergessen, dass die Deutschen in ihrem Land schon einigen Erfolg feierten, und wir, die „Kleinen“, waren weit besser!

So, ich glaube, Ihnen das Wichtigste erzählt zu haben, und hoffe, dass mein Bericht die Leser Ihrer Zeitung interessiert.
Mit herzlichem Gruß, Aniko

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