ANIKO BENKÖ (Oberösterreichische Nachrichten, 6. September 1972)

ANIKO - VERLORENES SCHAF
Zehn Tage war sie richtiggehend „verschollen“, aber nun ist das „verlorene Kind“, Österreichs Jung-Schlagerstern Aniko Benkö,
doch wieder aufgetaucht, und gleich absolviert sie heute, Mittwoch, einen Auftritt auf österreichischem Boden (Welser Messe).

Folgendes war geschehen: Aniko, wie der Name verrät, mit papriziertem Blut in den Adern war als österreichische Vertreterin zum ersten ägyptischen Schlagerfestival nach Alexandrien eingeladen gewesen. Schön und gut. Unter 28 Teilnehmern sang sie sich ins Finale, wo sie schließlich den siebenten Platz erreichte. Ebenso schön und gut.
Nun aber warteten in Österreich mehrere Engagements und die Aufnahme der neuesten Platte. Die Techniker, die Produzenten, sie alle waren pünktlich im Studio. Wer nicht erschien, war Aniko. Weniger schön und weniger gut.


Was passiert war, erfuhren die anderen erst in Wien. Denn die 21jährige Budapesterin mit Wahlheimat Wien hatte durchwegs gewissenhaft gehandelt und aus Alexandrien so schnell als möglich Postkarten an all ihre Kontaktpersonen geschrieben. Mysteriöserweise verließen die Karten erst mehr als eine Woche später Ägypten (der Poststempel zeigt das) und kamen drei Stunden vor dem Eintreffen der Sängerin selbst an.

Aniko: „Unglaublich. Ich hatte die Karten an der Hotelrezeption abgeben und mir gedacht, sie müssten in zirka drei Tagen in Österreich sein …
So ging es aber in Ägypten weiter: erstens war Aniko über ihren Erfolg in leichter Euphorie, zweitens nahm sie gleich einige TV- und Nachtclubangebote an Ort und Stelle an, drittens vergaß sie einfach, telefonisch in Wien ihre verspätete Rückkehr anzumelden. Denn sie dachte, sie würde es ohnehin noch pünktlich bis zu den Plattenaufnahmen schaffen.

Mit der ägyptischen Organisation hatte sie nicht gerechnet. Damit nämlich, dass plötzlich ihr Pass vier Tage lang verschwunden war.
Und damit, dass man ihr mitteile, alle möglichen Rückflüge wären völlig ausgebucht. Schließlich wollte es mit einem endlich angemeldeten Telefonat nicht und nicht klappen.
Hier eine verzweifelte Aniko, dort verzweifelte Leute im Tonstudio. Als die Jungsängerin dann doch noch ankam, obwohl sie bereits als „vermisst“ galt, war sie verzweifelt.
Die anderen verziehen ihr noch einmal, die Plattenaufnahmen werden nun im Oktober nachgeholt, dann gibt’s einen Fernsehtermin für eine Silvestershow in Berlin und eine Tournee mit österreichischen Sangeskollegen durch alle Bundesländer.

Aus Ägypten lagen ebenfalls mehrere schöne Angebote für den Herbst vor. Aniko hat sie abgesagt. Vorsichtshalber.

Ludwig Heinrich

- zurück zu Aniko -